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  • markus.jakob

Stellungnahme der AL-Stadtratsfraktion zum Haushaltsplan der Stadt Oppenheim für das Jahr 2019

Stadtratssitzung vom Dienstag, 18. Dezember 2018 Raimund Darmstadt, Fraktionsvorsitzender der Alternativen Liste (AL)


Sehr geehrte Damen und Herren Ratskolleginnen und Ratskollegen, liebe Besucher der Stadtratssitzung, sehr geehrter Herr Stadtbürgermeister Walter Jertz,

ein Jahr gewaltiger Umbrüche liegt hinter uns.

Der alternative Neujahrsempfang, die Montagsdemonstrationen, die Aufdeckung der illegalen Immobiliengeschäfte im „Krämereck“ und der privaten Grundstücksspekulation in Kette-Saar, der postwendende Rücktritt von Marcus Held, die Selbstzerlegung der einen oder anderen Stadtratsfraktion. Das alles ist noch in guter bzw. auch in schlechter Erinnerung. So wird das Jahr 2018 sicherlich als eines der turbulentesten in die Stadtgeschichte eingehen. Nach dem Rücktritt von Marcus Held fungierte der 2. Beigeordnete Helmut Krethe für drei Monate als Interimsbürgermeister.

Im Juni wählten die Bürgerinnen und Bürger Walter Jertz als Kandidaten eines Parteienbündnisses zum Stadtbürgermeister und übertrugen ihm das Mandat bis zum Ende der Wahlperiode.

Seither gibt es für die Stadtverwaltung Arbeit ohne Ende und das anerkannte Unterfangen, des von Marcus Held und seinen Unterstützern angerichteten Schadens Herr zu werden. Die weitere Gestaltung der Haushaltspläne spielt bei diesen Notoperationen eine herausragende Rolle.

Es hat mir auch in diesem Jahr wieder Freude bereitet, die vorliegende Zahlen-Prosa durchzuarbeiten. Ich sage das ohne Ironie, weil es beim Haushalt auch immer ums Eingemachte, also um unsere ureigensten Belange geht. Auch wenn ich an mindestens zwei Stellen den amüsierten Eindruck hatte, ein Stück künstliche Intelligenz habe sich verselbständigt. Auf Seite 10 des Vorberichtes hat z. B. der Stadtrat Dalheim auf einer Sitzung vom 18. Dezember 2018 vorausschauend schon den HH-Plan 2019 beschlossen.

Auf Seite 29 belastet die Kita „Himmelszelt“ den Haushalt mit einem Defizit von 89.735.- €. Schmunzel, Schmunzel J

Interessant bei allen HH-Betrachtungen bleibt immer, inwieweit sich die Visionen der Planung nach dem finalen Kassensturz des Jahresabschlusses im Endeffekt haben realisieren lassen. Deshalb ist es auch nicht unbedingt verkehrt, der Aussicht auf einen nahezu ausgeglichenen Haushalt mit einer Portion Skepsis zu begegnen. 800.000.- € aus Grundstücksverkäufen sollen helfen, die schwarze Null zu erreichen. Dabei geht es um Grundstücke, die auch schon bei früheren Ankündigungen durch die Haushaltsplanung geisterten und für schöne Zahlen sorgten. Verkauft sind sie bislang offenbar nicht. Wir bewerten es als positiv, werte Ratskolleginnen und Ratskollegen, dass viele von der AL-Fraktion in den vergangenen Jahren unterbreitete Vorschläge für adäquate Sparziele und zusätzliche Einnahmen dieses Mal in die Planungen eingeflossen sind.

Insofern trägt dieser Haushaltsentwurf in vielen Bereichen auch die Handschrift der AL und unseres Beigeordneten Rainer Ebling. Diese Anerkennung schließt die Expertise von Stadtbürgermeister Walter Jertz selbstredend mit ein.

Dennoch reichen die projektierten Maßnahmen längst nicht aus, um zu einer soliden finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt zurückzufinden. Ich meine damit keineswegs, dass sich die Stadt kaputtsparen, ihr jeglicher Spielraum genommen werden soll. Ich meine nicht, dass wir jegliche kulturelle Ambitionen in den Wind schießen sollten. Deshalb stehen wir auch weiterhin zu den Oppenheimer Festspielen. Ich meine auch nicht, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern noch weiter an der Steuerschraube gedreht werden soll. Deshalb wird es mit uns auch in Zukunft keine erneute Erhöhung der Grundsteuer B geben.

Weil Held fahrlässig unsere Steuergelder verplempert hat, darf man die Oppenheimerinnen und Oppenheimer nicht zusätzlich bluten und für dessen Finanzsünden büßen lassen.

Stellvertretend für eine sinnvolle HH-Konsolidierung seien hier die Bereinigung der Contacting-Verträge oder die Reduzierung der Repräsentationsausgaben genannt. Weitere Verbesserungen sind ja bereits benannt worden. Der Haushaltskreativität sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Alle Sparoperationen bleiben jedoch die sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein.

Zwar steigen die Steuereinnahmen, so wie sie aufgrund der guten Konjunkturdaten allerorten steigen. Sollte die Wirtschaft demnächst jedoch nicht mehr in dem bekannten Maße brummen, sollten die Zinsen signifikant in die Höhe klettern, dann geht der Trend in die andere Richtung. Die Steigerung der Einkommenssteuer um mehr als eine Million Euro ergab sich übrigens erstmals während des Krämereck-Moratoriums, als die Stadt um mehr als 300 Einwohner gewachsen ist. Es gab keinen Stillstand, weil sich die Bauentwicklung temporär im Innenbereich und nicht im Außenbereich abspielte.

Jetzt führen einige Propheten die verbesserte Steuerentwicklung auf das Krämereck-Süd zurück. Doch die meisten Wohnhäuser wurden dort erst Mitte 2017 bezogen, die Landskrongalerie erst im Oktober 2017 eröffnet.

Steuerbescheide für das Jahr 2018 können also noch gar nicht vorliegen und somit auch keine realen Steuerzahlen für 2019. Ein bisschen Ammenmärchen muss scheinbar immer mal wieder sein.

Wie es mittelfristig um die Gewerbesteuer steht, wird die Zukunft erweisen. Unsere Initiativen zur Verbesserung der Einnahmenseite bei den Gewerbesteuerzahlungen im Bereich der Landskrongalerie wurden von der GroKo ja bekanntlich vom Tisch gewischt. Dabei ging es darum, an welchem Firmensitz die Einzelhandelsriesen ihre Gewinne letztendlich versteuern wollen und werden.

Natürlich werden die Einnahmen bei der Einkommenssteuer längerfristig noch wachsen. Auch dazu hat AL mit der Beendigung des Moratoriums für die Wohnbebauung 2013 beigetragen.

Absurde Auswirkungen zeigt die Bauentwicklung im Einzelhandelssektor.

Nach der flächenfressenden Errichtung der Landskrongalerie erlebt das Gewerbegebiet Kette-Saar gerade das vorhersehbare Geschäftesterben. Einerseits wurde ein teures Areal für großflächigen Einzelhandel im Krämereck entwickelt, andererseits müssen jetzt weitere Gelder für das ausgezehrte Gewerbegebiet am Sant´-Ambrogio-Ring in die Hand genommen werden.

Als mögliches Gegengift wird im HH ein Stadtentwicklungskonzept für 30.000.- € präsentiert. Dieser Ansatz steht jetzt unvermittelt zwischen den Zahlenreihen. Wahrscheinlich kommen wir auch gar nicht darum herum. Beraten wurde das Projekt allerdings in keinem einzigen städtischen Gremium.

Sehr geehrte Damen und Herren, das System Held hat die ganzen Jahre freihändig, selbstherrlich und vielfach rechtswidrig agiert. Entsprechend chaotisch und ruinös ist das Ergebnis, mit dem sich heute Stadtrat und Verwaltung herumschlagen müssen. Es ist nicht verwunderlich, wenn die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen weiterhin nicht erfüllt sind, wie es im Vorbericht (S. 10) heißt, und wenn die notwendigen Ziele „auch in den Folgejahren nicht erreicht werden“ können. Es ist klar, warum das so ist.

Zur hausgemachten Misswirtschaft aus dem Hause Held kommen verschärfend die Finanzschrauben, die sich aus der ungleichen Verteilung des Gesamtsteueraufkommens ergeben. Dafür sorgen auch weiterhin die vollmundigen Akteure in Berlin und Mainz, die an diesem Korsett nichts ändern wollen.

Den Letzten beißen die Hunde also.

Zwar wachsen auch in der Stadt Oppenheim die Steuereinnahmen, Umlagen und Abgaben fressen aber 78 Prozent des Steuerkuchens sofort wieder auf. Die Investitionskredite der Stadt können auch in den nächsten Jahren nicht nennenswert getilgt werden und bleiben bei 5 Millionen € hängen. Das gleiche Bild bei den Liquiditätskrediten: Heute 17 Millionen und 2022 immer noch 17 Millionen €. In der Summe also Verbindlichkeiten von derzeit 22,5 Mio. , nahezu gleichbleibend in Höhe von 22 Mio. € bis ins Jahr 2022 (S. 28). Welche eine motivierende Perspektive.

Ebenso ermunternd die Entwicklung des städtischen Eigenkapitals. 2017 lag die Eigenkapitalquote bei nur noch 27,7 %. Das Eigenkapital schrumpft von derzeit 16,5 weiter auf klimperkleine 15,48 Mio. im Jahr 2022. In dieser Situation waren doch glatt Leute auf die Idee gekommen, auch noch das Wäldchen zu verscherbeln. Schaut man sich schlussendlich den sog. Konsolidierungspfad auf der letzten HH-Seite an, kommen einem unweigerlich die Tränen. Die Ausschläge der Ziel- und Ist-Größen haben sich dort gänzlich aus den Augen verloren.

Eine vernünftige Haushaltskonsolidierung, meine Damen und Herren, bleibt also Spagat und Drahtseilakt in einem. Deshalb werden wir uns zusätzlichen zielführenden Maßnahmen nicht verschließen und unsere eigene Haushalts-Kreativität weiterhin mit einbringen. Zur Verbesserung der Einnahmenseite gehört natürlich die Befolgung des Verursacherprinzips. Deshalb sind wir für die beschleunigte Durchsetzung der Regressforderungen beispielsweise oder für marktgerechte Mieten und Pachtzinsen bei den städtischen Grundstücken und Immobilien.

Seit über einem Jahr hat nun auch der Landesrechnungshof die kostenlose Überlassung des Kellerlabyrinths an die Tourismus GmbH beanstandet und als rechtswidrig festgestellt. Seit etlichen Jahren beantrage ich bei jeder Haushaltsberatung hier am Tisch, dass dieser illegale Zustand abgestellt wird und entsprechende Einnahmen zu generiert werden. Aber es passiert wenig oder nichts, der unhaltbare Zustand hält an. Wir stellen heute exemplarisch und erneut die folgenden Impulsanträge :

- 30.000 € Mehreinnahmen durch die vertraglich geregelte Verpachtung der stadteigenen Anlagen des Kellerlabyrinths an die Tourismus GmbH ( Das entspricht etwa 1.- € des Eintrittsgeldes pro Untergrund-Besucher)

- 3.000 € Mehreinnahmen durch die Anpassung an marktübliche Mieten beim städtischen Immobilien- und Grundstücksbesitz ( z. B. Büroräume des Rathauses oder Verpachtung des Städtischen Weingutes )

- 3.000 € Mehreinnahmen als Gewinnerwartung aus dem städtischen 49 %-Anteil der Tourismus GmbH

- 3.500 € Mehreinnahmen durch die Verdopplung der Jahrespauschale der Verkehrswacht auf 7.000 €

- 3.000 € Mehreinnahmen im Kellerlabyrinth durch die Übertragung der Stromkosten an die Tourismus GmbH


Meine Damen und Herren, Verschwendung, Misswirtschaft, bevorzugende Vetternwirtschaft und gesetzwidriges Verwaltungshandeln abzustellen war stets unser Ziel.

Da wurden bereits viele Weichen gestellt, grundlegende Beschlüsse gefasst. Der HH-Plan 2019 ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung auf diesem steinigen Weg. Deshalb werden wir dem Plan in Anerkennung der Bemühungen der Verwaltung auch dann zustimmen, wenn unsere Anregungen keine Mehrheit finden. Sie bleiben auf unserer Agenda. Lassen Sie mich am Schluss noch einmal einen Gedanken aus dem Jahr 2015 aufgreifen. Wir hatten, alle wie wir hier sitzen, das große Glück, in einer nunmehr 73 Jahre währenden Friedensperiode leben zu dürfen. Frieden ist nicht alles, gewiss, aber ohne Frieden ist alles nichts. Er ist auch die Basis einer gedeihlichen Stadtentwicklung. Das hat man die Menschen im Nahen Osten so schmerzlich erfahren lassen. Lassen Sie uns, auch im Hinblick auf so manche Potentaten, die heute mit dem Säbel rasseln und sich schon am nächsten Tag selbstverliebt in den Armen liegen, daran mitwirken, dass das friedliche Zusammenleben der Völkergemeinschaft ein fundamentaler Grundwert bleibt. Unser Planet hat ganz andere Probleme.

Ich wünsche Ihnen allen, werte Kolleginnen und Kollegen, schon bei diesem Tagesordnungspunkt und damit es am Schluss der Sitzung nicht untergeht, ein erholsames und schönes Weihnachtsfest und einen guten Start ins Neue Jahr 2019.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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